Aus der Gehirnforschung: das Belohnungssystem

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Stärker werden, sich selbst besser verstehen, sein Leben in die Hand nehmen. Das sind Themen und Ziele, die für uns hier bei Zeit zu leben ganz besonders wichtig sind.

Immer wieder überlegen wir natürlich: Was fehlt noch? Gibt es noch etwas, was wir unbedingt miteinbeziehen sollten? Bei dieser Frage fällt uns in letzter Zeit immer wieder mal das unwahrscheinlich spannende Themengebiet der Neurowissenschaften bzw. Hirnforschung auf.

Weil wir finden, dass dieses Thema für die Persönlichkeitsentwicklung so viel Anregungen und Hilfestellungen geben kann, werden wir uns von nun an in einer Beitragsreihe häufiger der Frage widmen, wie uns die Erkenntnisse und Entwicklungen der Hirnforschung helfen können, als Menschen zu wachsen, uns selbst besser zu verstehen und unser Leben in die Hand zu nehmen.

Belohnungen aus dem Gehirn

„Jetzt habe ich das wieder nicht hinbekommen.“

„Eigentlich wollte ich doch zum Sport gehen und jetzt sitze ich doch wieder vor dem Fernseher.“

„Der Wäscheberg wächst und wächst und ich kann mich einfach nicht aufraffen, endlich mal zu waschen.“

In letzter Zeit habe ich mich ganz schön häufig über mich selbst geärgert, weil ich nämlich ein paar Dinge, die ich mir immer wieder vorgenommen hatte, einfach nicht hinbekommen habe. Oder jedenfalls nicht so oft, wie ich sie mir vorgenommen hatte. Da fiel mir direkt die neue Reihe zum Thema Gehirnforschung ein, die wir hier bei Zeit zu leben geplant haben, und ich dachte mir: „Mensch, da gibt es doch vielleicht eine Möglichkeit, wie Dir Dein Wissen über die Funktionen des Gehirns helfen kann. Vielleicht kommst Du ja auf ein paar Ideen, wie es Dir gelingt, mehr von dem zu machen, was Du Dir so oft vornimmst.“

Bei meiner Beschäftigung mit der Hirnforschung bin ich auf einen enorm interessanten Bereich des menschlichen Gehirns gestoßen: das Belohnungssystem. Es besteht aus mehreren Hirnregionen und die in diesen Hirnregionen ablaufenden Prozesse beeinflussen unsere Entscheidungen und auch, wie wir uns motivieren, wenn wir ein bestimmtes Ziel verfolgen.

Wäre es nicht toll, wenn man mit dem Wissen über dieses Belohnungssystem im Gehirn seine Vorhaben öfter umsetzen könnte? Wenn ich zum Beispiel häufiger zum Sport gehen oder den Wäscheberg nicht mehr so anwachsen lassen möchte? Vielleicht haben Sie ja auch ein paar Dinge, die Sie unbedingt öfter mal machen möchten. Falls Ihnen da sofort einige Sachen einfallen, notieren Sie sie sich vielleicht kurz. Denn diese Ideen können Sie nachher noch gut gebrauchen.

Um herauszufinden, wie ich mein Belohnungssystem im Gehirn dazu ganz bewusst benutzen kann, habe ich nämlich ein kleines Experiment gewagt. Bei diesem Experiment habe ich tatsächlich gelernt, wie ich mich leichter überwinden kann, so ungeliebte Sachen wie zum Beispiel Ordnung oder Haushaltsarbeit zu machen. Wenn Sie auch gerne herausfinden möchten, wie Sie die Strukturen in Ihrem Gehirn dazu nutzen können, sich selbst besser zu motivieren oder aufzuraffen, finden Sie am Ende dieses Beitrags eine kurze Zusammenfassung der einzelnen Schritte. Sie können das Experiment dann ganz einfach selbst ausprobieren. Und dazu brauchen Sie dann eben ein oder mehrere Dinge, die Sie eigentlich gerne öfter machen würden.

Hochgefühle durch Dopamin

Bevor es aber mit der Experimentiererei losgeht, gucken wir uns dieses Belohnungssystem einmal genauer an. Denn um es gezielt einsetzen zu können, ist es gut, wenn man es zunächst etwas besser versteht. Keine Angst, das wird hier jetzt nicht hochwissenschaftlich. Ich will nur kurz beschreiben, wie das Belohnungssystem in Ihrem und meinem Gehirn funktioniert. Dazu fange ich bei den ganz alltäglichen Belohnungen an, die viele von Ihnen bestimmt kennen. Eine Aufgabe ist erledigt, wir haben etwas geschafft, was wir uns vorgenommen haben, eine schwierige oder anstrengende Zeit liegt hinter uns. Dann ist bei vielen Menschen eine Belohnung fällig. Kennen Sie das vielleicht auch? Wir gönnen uns dann einen Einkaufsbummel, ein leckeres Essen, etwas Entspannung, einen Besuch im Schwimmbad, einen Kurztrip übers Wochenende oder einfach nur fünf Minuten Ruhe, um durchzuatmen und einen Tee oder Kaffee zu trinken.

Manche haben mit Belohnungen nicht so viel am Hut. Weil sie ihren ganz normalen Alltag ohnehin toll finden und das Tun an sich schon Belohnung genug ist oder wieder andere, weil sie vielleicht denken, dass ihre Leistung etwas Selbstverständliches ist, was keine Belohnung verdient. Sicher gibt es noch viele andere Gründe für oder gegen Belohnungen.

Unabhängig davon, ob Menschen sich bewusst belohnen oder nicht: Unterbewusst spielen Belohnungen bei jedem Menschen eine wichtige Rolle. Denn die Wissenschaftler haben in der Hirnforschung herausgefunden, dass im Gehirn jedes Menschen zumeist unbewusste Belohnungsprozesse ablaufen.

Ich hatte ja vorhin schon gesagt, dass die Prozesse, die in unserem Gehirn stattfinden, unsere Entscheidungen und wie wir uns motivieren, beeinflussen.

Wenn wir also verstehen, wie dieses Belohnungssystem funktioniert, können wir besser beeinflussen, wie wir uns bei unbequemen Aufgaben leichter aufraffen können. Wäre es nicht toll, wenn das leichter und besser ginge? Wenn Sie es häufiger schaffen würden, Ihre Vorhaben hinzubekommen, wie zum Beispiel sich mehr zu bewegen, mehr Obst zu essen, sich mehr Zeit für sich selbst zu nehmen? Falls Sie also auch Lust haben, herauszufinden, wie Sie sich selbst besser motivieren und aufraffen können, lohnt es sich, Ihr eigenes Belohnungssystem besser kennen zu lernen. Wie funktioniert es also, dass Ihr Belohnungssystem Ihre Entscheidungen beeinflusst?

Dies geschieht, indem wir bei Belohnungen Hochgefühle oder Wohlbefinden erleben und durch diese Erfahrung dazu animiert werden, dieses Erlebnis zu wiederholen. Zum Beispiel wenn wir etwas besonders Leckeres essen, eine Aufgabe erledigt haben, mit einem uns wichtigen Menschen eine schöne Zeit haben oder uns verlieben. Immer wieder versuchen wir diese Erfahrung zu wiederholen.

Hauptsächlich verantwortlich für diese Hochgefühle ist ein sogenannter Neurotransmitterstoff im Gehirn: das Dopamin. Neurotransmitter sind Botenstoffe, die dafür sorgen, dass in unserem Gehirn Informationen hin- und hertransportiert werden. Sie sind an allen Vorgängen beteiligt, die wir erleben. Ob im Schlaf oder im Wachen, wenn wir bewusst über etwas nachdenken oder auch nur herumsitzen. Immer sorgen die Neurotransmitter dafür, dass unser Gehirn unsere Wahrnehmungen verarbeitet. Das Dopamin ist also ein bisschen so etwas wie ein Bote, der unentwegt in unserem Gehirn hin- und herschwirrt und dafür sorgt, dass die Informationen dahin kommen, wo sie gebraucht werden.

Dieser Bote, das Dopamin, wird in unserem Gehirn aktiv, wenn wir uns besonders gut fühlen, etwas Schönes erleben oder auch nur daran denken, gleich etwas Erfreuliches zu erleben. Und je öfter wir ein Erlebnis haben, bei dem wir uns wohlfühlen, bei dem also Dopamin ausgeschüttet wird, umso stärker ist der Impuls, diese Handlung zu wiederholen. Wir lernen also, wie wir die Ausschüttung von Dopamin auslösen können. Wir streben danach, so zu handeln, dass wir uns möglichst oft gut fühlen und in unserem Handeln durch die Ausschüttung von Dopamin belohnt werden. Wenn Sie also jetzt in diesem Moment an etwas Schönes denken, z. B. an Ihren letzten Urlaub, einen superschönen Abend mit Freunden oder ein romantisches Date, wird in Ihrem Gehirn Dopamin ausgeschüttet und Sie fühlen sich gut. Vielleicht fällt Ihnen sofort ein Erlebnis ein? Bleiben Sie doch einen Moment in Ihrer Vorstellung, dann können Sie die positive Wirkung des Dopamins selbst spüren 😉

Welche Erlebnisse und Handlungen zu einem Wohlgefühl und einer Verstärkung des Dopamins führen, kann bei verschiedenen Menschen ganz unterschiedlich sein. Bei dem einen wird Dopamin bei einer Bergwanderung ausgeschüttet, der andere erlebt die so ausgelösten Hochgefühle bei einem Spaziergang am Meer. Der eine empfindet Tee als wohltuend und eine andere mag lieber Kaffee.

Wie wir Belohnungen bewerten

Um sich besser vorzustellen, wie das Gehirn die verschiedenen Belohnungen unterscheidet, sprechen Wissenschaftler von den sogenannten Belohnungswerten. Damit ist gemeint, dass einer bestimmten Belohnung mehr Wert beigemessen wird als einer anderen. Diese Belohnungswerte sind sehr individuell. Jeder kann für eine bestimmte Sache oder ein Erlebnis einen anderen Belohnungswert haben. Das kennen Sie bestimmt auch, oder? Zum Beispiel gibt es Teetrinker oder Kaffetrinker. Wenn jemand sich nach einem abgeschlossenen Arbeitsschritt eine Tasse Tee gönnen möchte, ist sein persönlicher Belohnungswert für Tee scheinbar höher, als er für Kaffee ist. Wenn jemand lieber Kaffee mag, misst er dem Kaffee einen höheren Belohnungswert bei. So verschieden, wie wir Menschen sind, so unterschiedlich sind auch die Belohnungswerte. Sie sind subjektiv unterschiedlich. Deswegen spricht man in der Hirnforschung von subjektiven Belohnungswerten. Diese Belohnungswerte sind also ein maßgeblicher Motor für unsere Entscheidungen, weil sie auf diesen tollen Stoff, das Dopamin, wirken. Wenn wir unser Belohnungssystem besser kennen lernen möchten, geht es also darum, möglichst viel darüber zu wissen, was bei einem persönlich möglichst viel Dopaminausschüttung bewirkt.

Hat jemand in der Vergangenheit beispielsweise sehr oft erlebt, dass laufen und sich bewegen zu positiven Gefühlen führt, so hat er höchstwahrscheinlich einen hohen subjektiven Belohnungswert in Bezug auf körperliche Anstrengung, zum Beispiel das Laufen oder andere Arten von Sport. Jemand, der in der Vergangenheit viel und häufig positive Erlebnisse beim gemütlichen Sitzen vor dem Fernsehen gemacht hat, hat einen hohen Belohnungswert, wenn es ums Fernsehen geht. Und diese subjektiven Belohnungswerte beeinflussen uns, wenn wir uns für ein Verhalten oder eine Handlung entscheiden.

Eigentlich möchte ich ja …

Wie nutze ich nun mein Belohnungssystem, um häufiger die Dinge zu tun, zu denen ich eigentlich nicht so viel Lust habe, die ich aber unbedingt öfter tun möchte?

Vielleicht kennen Sie solche Situationen auch oder jemand anderen, der in so oder einer ähnlichen Situation ist?

Zum Beispiel:

  • Man will eigentlich abnehmen, greift dann aber doch wieder zur Schokolade, statt sich aufs Fahrrad zu schwingen.
  • Man will eigentlich endlich die Steuererklärung machen, guckt dann aber doch lieber die Lieblingsserie weiter.
  • Man will eigentlich endlich ein wichtiges Konfliktgespräch hinter sich bringen, entscheidet sich dann jedoch wieder dafür, eine Freundin anzurufen, mit der es so richtig schön ist, stundenlang zu quatschen.

Ich hatte ja vorhin schon mein Experiment angekündigt. Nachdem ich einiges über das Belohnungssystem und die subjektiven Belohnungswerte gelesen hatte, habe ich mir überlegt, wie ich den Einfluss meines Belohnungssystems mal ausprobieren könnte.

Meine Annahme bei dem Experiment war: Wenn ich mir in dem Moment der Entscheidung bewusst mache, welche Belohnung bei der jeweiligen Handlung auf mich wartet, kann ich vielleicht mein erwünschtes Verhalten leichter umsetzen.

In einem ersten Schritt habe ich mir also einige Entscheidungssituationen überlegt, in denen ich immer wieder in die Bredouille komme, weil ich dann doch nicht das tue, was eigentlich sinnvoll und vernünftig wäre. Also Situationen, die sich öfter wiederholen und bei denen ich mich zukünftig gerne für das entscheiden möchte, was ich mir vorgenommen habe.

Meine Beispielsituationen:

Die Krimskramskisten aufräumen, aussortieren und das, was ich behalten möchte, ordentlich wegräumen, statt Fernsehen zu gucken. (Ja, auch diese Situation wiederholt sich derzeit immer wieder, weil ich noch eine ganze Reihe Krimskramskisten habe.)

Zum Sport zu gehen, obwohl ich keine Lust habe und lieber sofort nach Hause fahren möchte, um einen gemütlichen Abend mit meinem Mann zu verbringen.

Wäsche waschen, obwohl ich keine Lust habe, in den Keller zu laufen, die Waschmaschine zu füttern und in 1 bis 2 Stunden alles hochzuholen, um es auf dem Dachboden aufzuhängen, statt in meinem richtig tollen Krimi weiterzulesen.

In einem zweiten Schritt habe ich mir für die jeweilige Situation überlegt, welche Belohnung ich zu erwarten hätte, wenn ich zum Beispiel meinen Krimskrams aufräumen, Sport machen oder Wäsche waschen würde.

Zu erwartende Belohnungen:

Krimskramskiste: Irgendwann habe ich alles ganz ordentlich und übersichtlich sortiert.

Sport: Wenn ich immer wieder zum Sport gehe, werde ich in ein paar Wochen richtig fit sein und auch ein paar Kilos leichter.

Wäsche waschen: Wenn ich jetzt die Wäsche wasche, hab ich nachher was vom Wäscheberg abgearbeitet. Wäre doch schön.

Der dritte Schritt meines Experiments passiert dann in der Entscheidungssituation: Ich habe mich dann im entscheidenden Moment an die zu erwartenden Belohnungen erinnert und sie mir bewusst gemacht, indem ich mir selbst gut zugesprochen habe. Zum Beispiel: „Wenn Du jetzt den Krimskrams sortierst, hast Du irgendwann alles schön ordentlich und übersichtlich.“

Und weil ich mich ganz gut kenne, weiß ich, dass ich es in meinem Alltag bestimmt schnell vergesse, mir die Belohnungen bewusst zu machen. Deswegen habe ich mir auf Post-its meine Beispielsituation und die zu erwartende Belohnung notiert. Diese habe ich zu Hause an den Kühlschrank und an den Badezimmerspiegel geklebt. Den Sport-Erinnerungs-Post-it habe ich an meinem Schlüssel befestigt, damit ich ihn sehe, wenn ich mein Fahrradschloss oder das Auto aufschließe.

In der Theorie hätten die Belohnungen mich motivieren sollen, aufzuräumen, zum Sport zu gehen und meine Wäsche zu waschen. Leider hat es so aber nicht funktioniert. Oftmals habe ich mich in den Entscheidungssituationen genauso häufig wie zuvor für das Fernsehen, den gemütlichen Abend oder meinen Krimi entschieden 🙁

Was war schiefgelaufen? Irgendwas musste an diesem Belohnungssystem doch dran sein. Irgendwie müsste ich doch diese hochwissenschaftlichen Forschungsergebnisse auch in meinem ganz normalen Alltag verwenden können!

Aber da war ja noch was … Die Wissenschaftler haben nämlich noch ein paar andere Dinge über das Belohnungssystem herausgefunden:

  • Je häufiger man ein Erlebnis als wohltuend, als Hochgefühl und Belohnung erlebt, desto stärker ist der Impuls, dieses Erlebnis zu wiederholen.
  • Wenn man die Wahl hat, jetzt sofort ein Wohlgefühl zu erreichen oder erst später ein positives Gefühl zu bekommen, entscheidet sich der Mensch häufig für die Alternative, jetzt sofort ein positives Gefühl zu spüren.
  • Die Dopaminausschüttung reagiert schon auf die Erwartung von Belohnungen. Wichtig ist, dass diese Erwartung auch greifbar und absehbar ist.

Können diese Erkenntnisse vielleicht erklären, wieso mein Experiment nicht wie erwartet funktioniert hatte?

Je häufiger man ein Erlebnis als wohltuend, als Hochgefühl und Belohnung erlebt, desto stärker ist der Impuls, dieses Erlebnis zu wiederholen.

Meine subjektiven Belohnungswerte für Aufräumen, Sport und Wäschewaschen sind bestimmt noch schwächer als die für das alternative Verhalten. Viel häufiger habe ich ja erlebt, dass ein gemütlicher Abend oder ein spannendes Buch zu lesen bei mir zu Wohlbefinden führt. Dann ist mein Impuls, das zu wiederholen, natürlich sehr hoch. Ich muss eben etwas am Wäschewaschen oder Sportmachen finden, dessen Belohnungswert genauso hoch oder noch höher ist als beim Fernsehen oder Lesen.

Wenn man die Wahl hat, jetzt sofort ein Wohlgefühl zu erreichen oder erst später ein positives Gefühl zu bekommen, entscheidet sich der Mensch häufig für die Alternative, jetzt sofort ein positives Gefühl zu spüren.

Die Belohnungen, die ich mir vorgestellt habe, sind ja noch ganz schön weit entfernt. „Irgendwann“ alles ordentlich haben und „In ein paar Wochen“ mal fitter sein … das ist für mich sehr abstrakt und zeitlich auch weit entfernt.

Als ich über meine Belohnungen und alles, was ich gelesen hatte, nachdachte, fiel mir noch etwas auf:

Vielleicht entsprechen die Belohnungen, die ich mir überlegt hatte, gar nicht dem, was ich als subjektive Belohnungen empfinde? Beim Aufräumen zum Beispiel habe ich mir gesagt, dass dann alles irgendwann einmal schön ordentlich ist. Dabei hat mich der Fernseher gelockt. Und scheinbar hat das Fernsehen einen höheren Belohnungswert als ordentlich sortierter Krimskrams. Vielleicht müsste ich noch genauer herausfinden, bei welchen Belohnungen ich hohe subjektive Belohnungswerte habe – und zwar so hoch, dass sie höher sind als beim alternativen Verhalten, wie z. B. beim Fernsehen oder beim Krimilesen.

Und da fing ich an, mich zu fragen, was denn außer dem Offensichtlichen meine ganz persönlichen Belohnungen sein könnten beim Krimskramsaufräumen, Sportmachen und Wäschewaschen.

Krimskrams: Ich kam darauf, dass mir bei einer ordentlichen und übersichtlichen Sortierung etwas ganz besonders wichtig ist, was für die meisten Menschen völlig unerheblich wäre: Und zwar erfüllt es mich mit einem tiefen Gefühl der Zufriedenheit, wenn ich meinen Krimskrams in Schachteln packen kann.

Sport: Beim Sport erfüllt es mich mit Freude und guten Gefühlen, wenn ich daran denke, wie ich nach und während des Sportes merke, dass ich mich anstrenge, meine Muskeln sich anspannen und ich mich danach wohlig erschöpft fühle.

Wäsche waschen: Ich finde es toll, fertig gewaschene und zusammengelegte Wäsche in den Schrank zu legen. Das erfüllt mich mit Befriedigung und bereitet mir Wohlbehagen.

Ich habe also herausgefunden, welche Vorstellungen bei mir ein besonderes Wohlgefühl, eine Vorfreude und somit einen besonders hohen subjektiven Belohnungswert auslösen. Mit diesen neu herausgefundenen subjektiven Belohnungswerten habe ich dann ein neues Experiment gestartet. Und tatsächlich: Diesmal fiel es mir leichter, mich zu motivieren!

Ich habe mir eine Reihe durchsichtiger Kunststoffschachteln mit Deckel gekauft, in die ich nun meinen Kram sortierte. Mein subjektiver Belohnungswert ist bei der Vorstellung, alles gemütlich in Schachteln zu sortieren, tatsächlich höher, als wenn ich mir das große Ziel „Ordnung“ als Belohnung vorstelle. Und die Vorstellung des Einsortierens hat mich dann überzeugt, den Fernseher auszulassen und mich meinem Vorhaben zu widmen.

Beim Sport habe ich nun nicht mehr visualisiert, wie ich „irgendwann mal“ ein bisschen schlanker und fitter bin, sondern ich habe mir immer wieder in Erinnerung gerufen, wie es sich anfühlt, Sport zu machen. Wie großartig es sich anfühlt, wenn ich an meine Grenzen komme und es doch immer wieder schaffe. Und wie stolz ich nach dem Sport auf mich selbst bin. Diese Vorstellung hat für mich persönlich einen viel stärkeren Belohnungswert, wie ich nun herausgefunden habe. Denn es fiel mir viel einfacher, mich zu motivieren, zum Sport zu gehen, statt einfach nach Hause zu fahren.

Wenn ich beim Anblick des Dreckwäscheberges an meine gewaschene und zusammengelegte Wäsche denke, die ich dann in den Schrank legen kann, fällt es mir leichter, mich dafür zu entscheiden, in den Keller zu gehen, die Wäsche in die Maschine zu tun und all das zu machen, was dafür nötig ist. Es geht mir nicht darum, dass der Wäscheberg kleiner werden soll, das ist keine schöne Belohnung für mich und meinen Dopaminhaushalt. Vielmehr freue ich mich auf das Gefühl, das ich habe, wenn ich die Wäsche wegsortieren kann. Auch hier ist mein subjektiver Belohnungswert offensichtlich höher als bei der Vorstellung, in diesem Moment mein Buch weiterzulesen.

Natürlich hat es nicht immer geklappt. So leicht ist das mit dem Schweinehund nun auch wieder nicht. Aber da verstehe ich mich dank meines neuen Wissens über das Belohnungssystem jetzt auch besser. Mir ist klar, dass es mir hilft, wenn ich immer wieder wiederhole, was ich mir vorgenommen habe, und erlebe, wie gut sich das anfühlt. Dadurch werden meine Belohnungswerte in diesem Bereich stärker und es fällt mir nach und nach immer leichter, mich für mein Vorhaben zu entscheiden.

Wenn Sie das auch mal ausprobieren möchten:

  1. Holen Sie sich ein Blatt Papier und einen Stift. Dann können Sie sich Ihr persönliches Experiment notieren und dann später besser überprüfen, wie es funktioniert hat.
  2. Überlegen Sie sich eine oder mehrere Entscheidungssituationen, in denen Sie sich gerne für eine bestimmte Alternative entscheiden würden, es aber in Ihren Augen zu selten schaffen. Denken Sie zum Beispiel an die Sachen, bei denen Sie häufig denken: „Ich müsste endlich mal“, „Eigentlich wollte ich doch schon lange regelmäßig“ oder „Jetzt hab ich das wieder nicht hinbekommen“.
  3. Die Handlung, für die Sie sich gerne häufiger entscheiden möchten, schreiben Sie als „erwünschte Handlung“ auf das Blatt Papier.
  4. Überlegen Sie sich, welche Belohnung Sie bei der erwünschten Handlung finden könnten, um sich dafür zu entscheiden. Dabei geht es häufig darum, kreativ zu sein und auch etwas tiefer in sich hineinzuhorchen. Was kann für SIE ganz persönlich an der Situation eine Belohnung sein? Was gibt es, außer dem Offensichtlichen, was Sie Positives für sich entdecken können? Schreiben Sie sich also neben Ihre erwünschte Handlung, mit welcher Belohnung Sie danach rechnen können.
  5. Denken Sie in der jeweiligen Entscheidungssituation ganz bewusst an diese Belohnung und handeln Sie entsprechend. Am besten richten Sie sich Erinnerungen ein, die Sie in der Entscheidungssituation darauf aufmerksam machen, an Ihre Belohnung zu denken.
  6. Probieren Sie nun ein paar mal aus, sich an diese Belohnungen in Ihren Entscheidungssituationen zu erinnern.
  7. Falls Sie den Eindruck haben, dass sich nichts verändert, überprüfen Sie Ihre Belohnungswerte. Nutzen Sie dazu die Erkenntnisse der Hirnforschung. Fragen Sie sich zum Beispiel: Sind die Belohnungen zeitlich zu weit entfernt, sind es wirklich für mich persönlich subjektiv bedeutsame Belohnungen?

Je öfter ich meine persönlichen Belohnungen einsetze, um die Dinge zu tun, die ich vernünftig, sinnvoll und erstrebenswert finde, desto häufiger schaffe ich, was ich mir vornehme. Ich erreiche meine Ziele dann leichter, gewinne mehr Selbstvertrauen und mein Leben wird ein kleines bisschen schöner und besser.

Und wenn ich dann ab und zu doch vor dem Fernseher hängen bleibe, mein Buch weiterlese oder nach Hause zu einem netten Abend mit meinem Mann fahre, finde ich das auch in Ordnung. Das Erlebnis ist es dann einfach wert.

Literatur

Kuhl, J. (2010). Lehrbuch der Persönlichkeitspsychologie. Motivation, Emotion und Selbststeuerung. Göttingen: Hogrefe Verlag.

Rössler, J. (2011). Machen Sie das Beste aus Ihrem Kopf. Praktische Tipps der Hirnforschung für Alltag und Beruf. Freiburg im Breisgau: Kreuz-Verlag.

Schultz, W. (2011). Wie sich Neuronen entscheiden. In: T. Bonhoeffer und P. Gruss (Hrsg.), Zukunft Gehirn. Neue Erkenntnisse, neue Herausforderungen (S. 83–105). München: C.H. Beck.

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